Einleitung
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) ist Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung, die seit über 150 Jahren für Menschen in Konfliktsituationen, bei Katastrophen und sozialen Notlagen Hilfe leistet. Hilfe am Menschen leistet das Rote Kreuz allein nach dem Maß der Not, neutral und unabhängig.
Zum Schutz der dem DRK anvertrauten Menschen, der ehren- und hauptamtlichen Mitarbei-tenden sowie des DRK selbst ist die Einhaltung von gesetzlichen und internen Vorgaben sowie die Förderung einer starken Vertrauenskultur von großer Wichtigkeit. Dies wird als Compliance, also Regelkonformität, bezeichnet und ist ein Teil der guten Verbandsführung (sog. Corporate Governance). Es ist zudem eine Präventionsmaßnahme zur Vermeidung von zivilrechtlichen Haftungsansprüchen, Bußgeldern, negativer Berichterstattung, Image-schäden und damit einhergehenden Spendeneinbußen oder Mitgliederrückgängen. Ziel ist ein regel- und gesetzeskonformes sowie ethisch einwandfreies Verhalten aller Mitarbeitenden, im Haupt- und im Ehrenamt. Hierzu gehört auch, Korruption in jeglicher Form vorzubeugen und aufgetretene Fälle nicht zu tolerieren. Mit dieser Richtlinie möchte das DRK ein klares Zeichen gegen jegliche Form der Korruption setzen.
Korruption ist der Missbrauch eines Amtes oder einer Funktion zur Erlangung eines Vorteils für sich selbst oder eine andere Person, mit (möglichem) Eintritt eines Schadens oder Nach-teils für die Allgemeinheit, für eine Organisation oder ein Unternehmen.
Vertrauen ist seit mehr als 150 Jahren eine zentrale Ressource des Deutschen Roten Kreu-zes. Es liegt daher im ureigenen Interesse des DRK, dieses Vertrauen zu bewahren und im-mer wieder neu herzustellen. Jegliche Form von Korruption, ob aktiv oder passiv, kann neben strafrechtlichen Konsequenzen auch das Vertrauen der Öffentlichkeit, der Spender und Mitglieder sowie der dem DRK anvertrauten Menschen in das DRK als unparteiliche Hilfsor-ganisation und Wohlfahrtsverband gefährden. Dies würde als Konsequenz die Möglichkeiten des DRK einschränken, den Bedürftigen zu helfen. Daher verfolgt das DRK beim Thema Korruption eine Null-Toleranz-Politik. Wichtig ist es, allen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden in diesem sensiblen Bereich bestmöglich Rechtssicherheit zu geben. Nur so kann das DRK seine gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen.
Es gilt der Grundsatz, dass die eigene Position oder Funktion nicht dazu genutzt werden darf, Zuwendungen oder Vorteile anzubieten, zu gewähren, zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen. Hierzu gehören u.a. Geschenke, Einladungen, Bargeld, Reisen, Sachleistungen, Veranstaltungen, Restaurantbesuche und Feiern, Arbeits- und Dienstleistungen sowie sonstige monetäre oder immaterielle Vorteile. Korruption kann insbesondere in Form von Bestechung, Bestechlichkeit und Betrug in jedem Betätigungsfeld auftauchen und ist nicht immer eindeutig zu erkennen. Während der Austausch von gesell-schaftlich üblichen Höflichkeiten / Aufmerksamkeiten in einem angemessenen Umfang nicht schädlich ist, wird das Entstehen von persönlichen Abhängigkeiten und Verpflichtungen oder der Anschein einer Beeinflussung von oder durch ehren- und hauptamtliche Mitarbeitende und Führungskräfte im DRK und externe Personen nicht geduldet.
Im Zweifelsfall wird die Führungskraft oder eine andere objektive Person hinzugezogen, so z.B. die mit Compliance beauftragte Person der jeweiligen Verbandsgliederung. Alle Entscheidungen sind so zu treffen, dass sich diese im Rahmen der gesetzlichen und internen Vorgaben bewegen und auch nach außen hin vertretbar sind.
Wie überall bestehen auch im DRK Korruptionsrisiken. Diese werden durch die jeweiligen Verbandsgliederungen individuell ermittelt und regelmäßig neu bewertet; sie bilden die Grundlage zur Einleitung von präventiven Maßnahmen zur Reduzierung der Risiken. Grundsätzlich gelten besonders jene Bereiche als anfällig, in denen bspw.
• mit Bargeld umgegangen wird,
• viele Außenkontakte bestehen (Bewirtung / Einladungen),
• Geschäftskontakte in Länder mit traditionell starken Korruptionsrisiken bestehen,
• ein Umgang mit vertraulichen Informationen besteht,
• Genehmigungen erteilt werden,
• Zuschüsse oder Fördermittel erhalten oder verteilt werden,
• Beschaffungen / Vergaben getätigt bzw. Aufträge vergeben werden oder
• durch nahestehende Personen Interessenskonflikte entstehen könnten.
Wichtig im Kampf gegen Korruption ist die nachhaltige Prävention durch geeignete Maßnahmen. Folgende Maßnahmen sollten in allen Verbandsgliederungen als selbstverständlich erachtet und zwingend umgesetzt werden:
• Vorbildfunktion der obersten Führungsebene beim Thema Antikorruption („Tone from the Top“), Vorleben einer verantwortungsbewussten Führung
• Vorbildfunktion aller Führungskräfte beim Thema Antikorruption („Tone from the Middle“), Problem- und Verantwortungsbewusstsein stärken
• Sensibilisierung und Aufklärung der Mitarbeitenden, z.B. durch Schulungsmaßnahmen, insbesondere auch bei neuen Mitarbeitenden
• Klare Regelungen zur Abwehr / Ablehnung von Korruptionsversuchen, z B. auch Antikorruptionsklauseln in Verträgen mit Geschäftspartnern
• Kontinuierliche, offene Kommunikation zum Thema Antikorruption (inkl. Analyse möglicher Risikobereiche), z.B. in Teamsitzungen und Mitarbeiterversammlungen sowie über Aushänge, Plakate, Rundschreiben, Merkblätter oder im Intranet
• Verabschiedung von spezifischen Richtlinien, um den Handlungsspielraum der Mitarbeitenden festzulegen (z.B. zur Annahme von Geschenken / Einladungen, zu Nebentätigkeiten oder zu Reisekosten sowie klare Vertretungs- und Unterschriftenregelungen)
• Einführung eines geeigneten Hinweisgebersystems im Rahmen des gesetzlichen Hinweisgeberschutzes
Zusätzlich sind alle Verbandsgliederungen im Rahmen ihrer Ressourcen dazu angehalten, möglichst weitere passende Maßnahmen umzusetzen, wie bspw.:
• Festlegung von Zuständigkeiten, Zugangs- und Zugriffsberechtigungen
• Standardisierte Prozesse, z.B. im Einkauf und in der Vergabe
• Sorgfältige und transparente Personalauswahl, insbesondere in Risikobereichen, ggf. auch interne Rotation der Aufgaben oder Funktionen
• Angemessene Überprüfung von Geschäftspartnern vor Vertragsabschluss
• Sicherstellung des Vier-Augen-Prinzips oder der mehrstufigen Freigabe (Beteiligung bzw. Mitprüfung durch mehrere Mitarbeitende oder Organisationseinheiten, ggf. auch IT-basierte Arbeitsabläufe, insbesondere im Rechnungswesen und in der Vergabe)
• Transparenz über Entscheidungen, Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten
• Trennung von Funktionen, insbesondere bei Führungspositionen
• Einsatz und Bekanntgabe einer geeigneten Ansprechperson / Stelle für Korruptionsprävention
• Klare Trennung von Dienstlichem und Privatem, Vermeidung von Interessenskonflikten (keine sog. „Vetternwirtschaft“)
• Regelmäßige Revisionsprüfungen, z.B. Prozessprüfungen, Kreditorenprüfungen etc.
• Regelmäßige Überprüfung der implementierten Antikorruptionsmaßnahmen
Zur wirksamen Korruptionsprävention müssen interne und externe Hinweisgebende die Möglichkeit haben, einen Verdacht oder eine Feststellung eines möglichen Korruptionsfalls im DRK auf sicherem Wege und an geeigneter Stelle melden zu können. Alle Verbandsgliederungen sind dazu angehalten, derartigen Hinweisen unverzüglich nachzugehen, diese vollständig und transparent aufzuklären sowie alles zu dokumentieren. Anschließend sind die notwendigen disziplinarischen Maßnahmen und weitere Sanktionen wie ggf. das Stellen einer Strafanzeige in die Wege zu leiten. Strafverfolgungsbehörden sind grundsätzlich in ihrer Ermittlungsarbeit zu unterstützen. Darüber hinaus sollten die internen Prozesse und Strukturen, die zu einem Korruptionsfall geführt haben, überprüft und angepasst werden. Im Sinne des Hinweisgeberschutzes sind jegliche Form von Repressalien gegen Hinweisgebende vollständig zu unterbinden.